Ein großer Faktor für die Atmosphäre und die Erlebnisse dieser Woche waren die Personen. Hätte die Chemie in der Gruppe nicht gestimmt oder wären unsere 3 begleitenden Profs nicht so entspannt gewesen, wie sie offensichtlich waren, dann hätte das ganze schnell zu einem langweiligen 0-8-15 Szenario verkommen können. Und gerade unsere 3 begeisterten Lehrmeister haben dafür gesorgt, dass wir neben viel Arbeit, noch um einiges mehr Spass an der ganzen Sache hatten. Ich muss sagen: Das waren echte Charakterköpfe und faszinierenden Persönlichkeiten.
Da wäre zum Beispiel:
Michael Jacobs, ein vor 20 Jahren importierter, sehr amüsanter amerikanischer Fotografie Professor, der sich entschieden hat, hier in Finnland zu leben. Ihm ist es größtenteils zu verdanken, dass wir alle in dieser Woche große fotografische Fortschritte gemacht haben. Es ist natürlich sein Beruf, aber im Gegensatz zu vielen anderen Fotografen, die ich bisher kennengelernt habe, hatte er vor allen Dingen ein Auge für technische Details und Bildkompositionen.
Ihm ist es zu verdanken, dass wir eine semiprofessionelle Ausrüstung mit 6 Nikon D300 Kameras und Objektiven im Wert von locker mehr als 10.000€ zu unser freien Verfügung hatten. Immer einen flotten Spruch auf der Zunge, war es für ihn kein Problem uns selbst nach einem 15 Stunden Tag noch zu motivieren, die am Tag geschossenen Fotos zu bearbeiten und zu besprechen. Hab ich außerdem erwähnt, dass er der Fahrer unseres Transporters war und uns die ganze Woche und hunderte Kilometer ohne Murren transportiert hat? Auf dem Rückweg hat uns seine Reaktionsfähigkeit vor einem äußerst knappen Zusammenstoss mit einem Rentier bewahrt. Oh mein Gott, das war so verdammt knapp, wie dieses dumme Viech vor uns über die Strasse gehüpft ist. Das war echt ein Millisekunden Manöver.
Das Beste hab ich fast vergessen. Sollten wir Kursteilnehmer jemals nach Kalifornien in die Nähe der Pixar Studios (Macher von Filmen, wie Wall-E, Findet Nemo, Toy Story und Co) reisen, sollen wir ihm vorher Bescheid sagen und ein Bekannter von ihm, der bei Pixar arbeitet, gibt uns eine kleine Tour durch Pixarland …jippieh…? Jetzt muss ich nur noch irgendwie nach Kalifornien kommen.
Tuija Hautala-Hirvioja, eine heavy-metal-liebende Kunstgeschichte Professorin mit Sami-Wurzeln und einem unendlichen Wissenschatz über die Geschichte der Finnen und Sami. Die Sami sind übrigens, neben den Finnen, die Ureinwohner von Finnland und die letzten richtigen Ureinwohner Europas. Man muss voller Respekt sagen: Diese Frau weiß echt viel. Zu fast jeder Ecke, in der wir waren hatte sie alte Geschichten und Legenden parat und trotz ihres sehr eingeschränkten und gebrochenem Englisch war einem nie langweilig dabei.
Ok, am letzten Tag, an dem wir alle einen ordentlichen Kater hatten und einfach nur nach Hause wollten, kamen wir nicht um ein paar Lektüren herum, als wir das Haus eines bekannten finnischen Künstlers mit unausprechlichem Namen und Swimmingpool im ersten Stock besuchten. Doch trotz rebellierendem Magens und pochendem Kopfes war es irgendwie interessant.
Zu Tuija selbst könnte man ebenfalls unendlich viel schreiben. Ihre erste Black Sabbath CD bekam sie mit 40 zu Weihnachten und ist seitdem Heavy-Metal Fan, wie ihr Sohn, aber nicht ihr Ehemann 😉 . Ihr verstorbener Grossvater besuchte sie, 10 Jahre nach seinem Tod, eines Morgens, wie er es versprochen hatte, in Form eines Rentieres auf einer Insel, auf der es bewiesener Weise keine Rentiere gab und sie weiß mehr über den finnischen Künstler Reidar Särestöniemi, als andere Menschen. An unserem letzten Abend im Norden blieb sie als einzige von den Profs noch wach, um mit uns bemitleidenswerten Studenten einen zu heben.
Esa Poikela, seines Zeichens Vollblut Künstler, der sein Gehalt mit Zeichen- und Malkursen an der University of Lapland aufstockt. Michael meinte einmal, dass er ein grossartiger Künstler sei, aber leider zu faul sei, um genug Projekte im Jahr zu realisieren. Natürlich nur im Scherz 😉 . Ein sehr ruhiger, liebenswerter Charakter, der immer mit Schlapphut und Zigarette im Mund herumspaziert, ab und zu einen sehr lustigen Kommentar abgibt. Ein echtes Künstleroriginal und begehrtes Fotoobjekt für alle Studenten dieser Exkursion.
Letztendlich haben wir in dieser Woche nur zweimal mit Wasserfarbe herumhantiert, was ihn aber gar nicht sehr störte. Laut Michael war Esa wohl einer der ersten Menschen im hohen Norden Finnlands, die sich ein Türschloss angeschafft haben. Üblicherweise schloss man dort oben nie sein Haus ab, selbst, wenn man längere Zeit unterwegs war. In diesem Fall stellten die Bewohner einfach einen Besen von aussen an die Tür um zu symboliseren, dass man nicht daheim sei. Wandernde Reisende waren trotzdem eingeladen, einzutreten, falls sie für eine Nacht eine Unterkunft suchten. Meiner Meinung nach sehr löblich.
Zum Schluss noch ein paar Fotos vom Rest der Gruppe…also von uns Studenten. Da wären: Ein Belgier namens Arne. Zwei Slowenen namens Damjan und Marusa. Tilla, aus Deutschland. Und Oran, die aus Israel stammt, in New York gelebt hat und in Österreich studiert.